
Abhängigkeitserkrankungen
Der Missbrauch oder die Abhängigkeit von Substanzen wie z.B. Alkohol, Opiaten, Kokain oder anderen Psychostimulantien, Beruhigungsmitteln (sog. Benzodiazepine), usw. und deren zahlreiche Folgeerkrankungen sind ein großes gesundheitliches Problem unserer Gesellschaft.
Bei Männern ist z.B. die Alkoholkrankheit die häufigste psychische Störung überhaupt. Man geht davon aus, daß mind. jeder 20ste Mensch in Deutschland an einem Alkoholmissbrauch bzw. einer -abhängigkeit leidet. Auch der Mißbrauch bzw. die Abhängigkeit von Beruhigungsmitteln (sog. Benzodiazepine) ist weit verbreitet und wird häufig in seiner Bedeutung für die Gesundheit des Menschen unterschätzt.
Sie befinden sich hier:
Wann spricht man von Abhängigkeit?
In der medizinischen Diagnostik spricht man zunächst von einem Missbrauch (von Alkohol oder anderen Substanzen) wenn der Konsum so ausgeprägt ist, dass es zu psychischen oder körperlichen Folgeschäden kommt. Wird der Drang nach der Substanz so ausgeprägt, dass er entweder beinahe alle Lebensbereiche dominiert oder dass die Fähigkeit, den Konsum zu beenden immer schwächer wird oder man immer mehr von der Substanz zu sich nehmen muss oder Entzugssymptome bei Beenden des Konsums entwickelt, so spricht man von einer Abhängigkeit. Wichtig ist es zu betonen, daß es sich bei jeglicher Form von Abhängigkeit um eine Erkrankung handelt und nicht um einen Charakterdefekt oder Willensschwäche des einzelnen Menschen.
Warum erkrankt man an einer Abhängigkeit?
Wie bei vielen Erkrankungen geht man auch bei Abhängigkeitserkrankungen von einem Zusammentreffen mehrerer Ursachen aus:
Sozialer Stress scheint eine wichtige Rolle zu spielen. Kommt es zu Konflikten, die für den Einzelnen sehr belastend oder unlösbar erscheinen, so kommt es häufig zum Gebrauch von Alkohol oder anderen Suchtmitteln zur Entspannung.
Die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe spielt ebenfalls eine Rolle. Hält man sich z.B. in Situationen oder Gruppen auf, in welchen viel und häufig eine bestimmte Substanz konsumiert wird, kann man sich diesem Einfluss häufig nicht entziehen und ein Gebrauch der betreffenden Substanz wird immer selbstverständlicher.
Auch die Vererbung spielt eine wichtige Rolle. Dabei wird aber nicht die Abhängigkeit an sich vererbt, sondern die Anfälligkeit zur Entstehung einer Abhängigkeit. So tritt z.B. die Alkoholabhängigkeit gehäuft bei den Kindern von Eltern auf, wo ein oder beide Elternteile selbst alkoholabhängig sind.
Welche Folgeerkrankungen gibt es z.B. durch eine Alkoholabhängigkeit?
Hier unterscheidet man zwischen akuten und längerfristigen Erkrankungen. Als akute Erkrankung steht an erster Stelle das Delir. Es tritt auf meist auf, wenn bei vorher hohem Konsum plötzlich die Einnahme unterbrochen wird oder aber wenn zusätzlich zum weiter bestehenden Konsum eine zusätzliche Erkrankung auftritt. An Symptomen tritt eine Störung der Orientierung und des Bewusstseins auf, es kommt zu starken Unruhezuständen, der Tag-Nacht-Rhythmus kann aufgehoben sein und es kann zu Halluzinationen kommen. Ein Alkoholentzugsdelir kann lebensgefährlich sein und muß stationär medikamentös behandelt werden (z.B. mit Clomethiazol). An weiteren akuten Problemen kann es unter der oben beschriebenen Voraussetzung ebenfalls zu epileptischen Anfällen kommen.
An langfristigeren Folgeerkrankungen sind Lebererkrankungen bis hin zum Leberversagen bekannt, ferner Entzündungen des Verdauungsapparates einschließlich der Bauchspeicheldrüse zu nennen. Es kommt zu Stoffwechselstörungen und Veränderungen des Hormonhaushaltes, welches sich bei Männern z.B. in Potenzstörungen äußert. Es kommt zu Veränderungen des Herzens bis hin zur Herzinsuffizienz. Aufgrund struktureller Veränderungen des Gehirns kommt es zu dauerhafter Beeinträchtigung von Gedächtnisleistungen. Außerdem kann es zu Bluterkrankungen und Infektionserkrankungen kommen. Schließlich ist die Gefahr einer Krebserkrankung verschiedener Organe deutlich erhöht.
Wie können Abhängigkeitserkrankungen behandelt werden?
Die Behandlungen der einzelnen Substanzen unterscheiden sich teilweise. Allgemein kann jedoch gesagt werden, dass als erstes eine sogenannte Entgiftung stattfindet, in der unter ärztlicher Aufsicht die Einnahme der Substanz beendet wird. Dies findet meist im stationären Rahmen statt, um die oben beschriebenen akut auftretenden Folgeerkrankungen ggf. behandeln zu können. Der Behandlungszeitraum hierfür beträgt etwa eine Woche und wird unterstützt durch pflegerische, psychotherapeutische und soziotherapeutische Maßnahmen. Danach schließt sich eine Entwöhnungsbehandlung an, in welcher die Abstinenz von der entsprechenden Substanz stabilisiert wird. Dies kann stationär in einer Fachklinik, aber auch ambulant erfolgen. Ein wichtiges Element ist in beiden Fällen das Teilnehmen an spezifischen Suchtgruppen, welches den langfristigen Erfolg stabilisieren hilft. Darüber hinaus kann die medikamentöse Behandlung von Erkrankungen wie Depressionen bzw. Angsterkrankungen, die gehäuft bei Patienten mit einer Abhängigkeitserkrankung auftreten, von großer Bedeutung sein.