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Blick über die linke Schulter einer Patientin. Ihr am Tisch gegenüber sitzt eine Ärztin im kurzärmligen weißen Kittel, die auf einem Klemmbrett Notizen macht.

Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)

Die Posttraumatische Belastungsstörung (Abk.: PTBS; engl.: Post-traumatic Stress Disorder, Abk.: PTSD) entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Charakteristisch für die PTBS ist das ungewollte Wiedererleben von Aspekten des Traumas. Menschen mit einer PTBS haben dieselben sensorischen Reaktionen (z.B. Bilder, Körperempfindungen) wie während des traumatischen Erlebnisses.

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Situationen oder Personen, die an das Trauma erinnern, werden von den Betroffenen als extrem belastend erlebt und rufen starke körperliche und gefühlsmäßige Reaktionen hervor. Die Betroffenen versuchen, diese Erinnerungen zu vermeiden, indem sie nicht darüber sprechen, Erinnerungen an das Erlebnis aus dem Kopf drängen und Personen und Orte sowie Reize meiden, die sie an das Trauma erinnern könnten.

Das emotionale Erleben von Personen mit PTBS ist häufig durch intensive Angst, Schuld, Scham, Traurigkeit, Ärger sowie emotionale Taubheit geprägt. Einige der Betroffenen fühlen sich wie entfremdet von anderen Menschen und geben Kontakte auf, die ihnen vorher wichtig waren. Darüber hinaus zeigen die Betroffenen meist mehrere Symptome autonomer Übererregung, z.B. eine erhöhte Reaktionsbereitschaft, starke Schreckreaktionen, Reizbarkeit, Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen.

Im Vergleich zu Unfällen oder Naturkatastrophen zieht die Erfahrung von menschlicher Gewalt (zum Beispiel durch sexuellen Missbrauch, Gewalterfahrung, Krieg, politische Verfolgung oder Folter) meist tiefgreifendere Folgen nach sich. Grausamkeiten, die von Menschen zugefügt wurden, lassen sich nicht mit dem bisherigen Weltmodell der Betroffenen vereinbaren. Es bleibt häufig ein tiefes Misstrauen anderen Menschen gegenüber, das unvereinbar ist mit dem Glauben an das Vorhandensein von Menschlichkeit. Oder es kommt dazu, dass die Betroffenen sich selbst abwerten, sich die Schuld an dem Erlebten geben und möglicherweise sogar Gefühle von Selbsthass entwickeln.

Besondere Merkmale der PTBS

Die Mehrheit der Bevölkerung erlebt in ihrem Leben mindestens ein traumatisches Ereignis. Doch nur 25% der Menschen, die traumatische Erlebnisse hatten, entwickeln das Vollbild einer PTBS. Die Wahrscheinlichkeit, irgendwann im Leben eine PTBS zu entwickeln, wird bei Frauen auf 10-12% geschätzt und bei Männern auf 5-6%. Die PTBS zeigt eine hohe Komorbidität mit affektiven Störungen, anderen Angststörungen, Substanzmissbrauch, Somatisierungsstörungen sowie der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Bei etwa einem Drittel der Personen mit PTBS besteht eine Risikokonstellation durch eine vorbestehende psychische Störung. Bei 2/3 der Fälle entstehen komorbide Störungen sekundär zur PTBS. Im Unterschied zur akuten Belastungsreaktion (Dauer der Symptome bis zu einem Monat) spricht man von PTBS ab einer Dauer von einem Monat. Ab einer Dauer von 3 Monaten ist von einer Chronifizierung der PTBS auszugehen.

Ätiologische Aspekte

Eine Posttraumatische Belastungsstörung entsteht weder aufgrund einer erhöhten psychischen Labilität, noch ist sie Ausdruck einer (psychischen) Erkrankung – auch psychisch gesunde und gefestigte Menschen können eine PTBS entwickeln. Sie stellt einen Versuch des Organismus dar, eine mögliche Existenzbedrohung zu überstehen. Erfolgt jedoch keine zeitnahe Verarbeitung oder Behandlung existentiell bedrohlich erlebter Ereignisse, so werden diese nicht (wie normal) im deklarativen, autobiographischen Gedächtnis abgespeichert. Stattdessen bleiben einzelne Erinnerungsfragmente (Bilder, Körpergefühle, Emotionen etc.), die intrusiv und unkontrollierbar ins Bewusstsein dringen. Bei der PTBS ist also das Traumagedächtnis ungenügend in seiner Bedeutung verarbeitet und in den Kontext anderer autobiografischer Erfahrungen integriert. Somit ist der semantische Abrufweg relativ schwach, die Erinnerung ist nicht an einen zeitlichen Kontext gebunden ("Hier und Jetzt"-Qualität) und wird leicht durch sogenannte "Trigger" (Auslösereize) hervorgerufen.

Ebene dysfunktionaler Handlungen

PatientInnen mit PTBS fühlen sich erst sicher, wenn sie sich aktiv in Sicherheit gebracht haben, d.h. alle möglichen Angst auslösenden Reize aktiv unterdrückt und vermieden haben. Sie vermeiden die Auseinandersetzung mit Erinnerungen an das Trauma und zeigen ausgeprägtes kognitives sowie behaviorales Vermeidungsverhalten. In der Folge findet keine Modifikation des Traumagedächtnisses statt und es besteht der Eindruck einer weiterbestehenden Bedrohung aufgrund des Traumagedächtnisses. Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten verhindern eine Veränderung der negativen Interpretationen des Traumas und seiner Folgen und halten die PTBS-Symptomatik auf diese Weise aufrecht.

Die Kognitiv-Behaviorale Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung

Für den Kognitiv-Behavioralen Therapieansatz liegen zahlreiche empirische Wirksamkeitsbelege vor. Wir orientieren uns an diesem Kognitiv-Behavioralen Therapieansatz und integrieren gleichzeitig Elemente der Dialektisch-Behavioralen Therapie.

Das stationäre PTBS-Therapieangebot unserer Station richtet sich an PatientInnen mit schwerer PTBS, die für eine ambulante Traumatherapie nicht genügend Stabilität mitbringen. Wir behandeln vorzugsweise PatientInnen, die an einer besonders schweren Ausprägung einer PTBS leiden. Bei diesen besonders "schweren Fällen" geht die PTBS häufig mit chronischer Suizidalität, dissoziativem Erleben, selbstverletzenden Verhaltensweisen sowie traumaassoziierten Emotionen wie Scham, Schuld, Ekel, Ärger, Traurigkeit und Selbsthass einher.

Nachdem die PatientInnen in der Dialektisch-Behavioralen-Therapie ausreichend Fertigkeiten im Umgang mit Suizidgedanken, dem Drang zu selbstschädigenden Reaktionsweisen wie Selbstverletzungen, Substanzmissbrauch, Hungern, Essattacken und Erbrechen sowie Anti-Suizidskills gelernt haben und über Emotionsregulationsskills verfügen, kann nun bei komorbidem PTBS-Leiden eine stationäre Dialektisch-Behaviorale Traumatherapie in Erwägung gezogen werden. Unser traumaspezifische Behandlungsangebot richtet sich auch an PatientInnen mit PTBS, die bereits durch ambulante Therapie ausreichend stabilisiert worden sind, um sich mit traumatischen Erinnerungen auseinander zu setzen, bei denen das traumatherapeutische Vorgehen dennoch ein stationäres Setting erfordert.

Strukturierung der Kognitiv-Behavioralen Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung

  1. Stationäre Vorbereitungsphase bzw. Therapie-Vorstadium (10-14 Tage)

  2. Stationäre Therapiephase (12 Wochen)

  3. ambulante Psychotherapiephase

Stationäre Trauma-Therapiephase (12 Wochen)

In dieser Therapiephase steht die Erarbeitung eines PTBS-Erklärungsmodells, die Identifikation von intrusiven Erinnerungen und Flashbacks sowie die imaginative Konfrontation mit diesen traumaassoziierten Erinnerungen im Fokus der Behandlung. Auch werden traumaassoziierte Emotionen wie Schuld, Scham, Ekel, Ärger / Wut, Traurigkeit, Hilflosigkeit kognitiv bearbeitet und einer Neubewertung unterzogen (u.a. mithilfe von Gefühlsanalysen).

Die Konfrontation mit traumatischen Erinnerungen basiert jedoch nicht ausschließlich auf imaginativen Verfahren, sondern beinhaltet auch den Abbau von Sicherheits- und Vermeidungsverhaltensweisen. Die PatientInnen lernen durch therapeutische Unterstützung, dysfunktionale Verhaltensweisen, die der Vermeidung der Auseinandersetzung mit traumatischen Erinnerungen dienen, allmählich abzubauen.

Die Konfrontationssitzungen in den Einzeltherapien werden auf Tonband aufgezeichnet. Die PatientInnen hören sich täglich (bis auf das Wochenende) die aufgezeichneten Konfrontationssitzungen an, um eine Habituation von traumaassoziierten Gefühlen (z.B. bei Angst und Scham) zu erreichen bzw. traumaassoziierte Gefühle wie Ekel, Schuld, Hilflosigkeit, Ärger besser wahrzunehmen und einer Neubewertung unterziehen zu können.

Am Ende der stationären Therapiephase steht die Entlassungsvorbereitung und Rückfallprophylaxe. In diesem Rahmen wird genau besprochen, welche Verhaltensweisen einen Rückfall in die PTBS-Symptomatik begünstigen können und welche alternativen Bewältigungsstrategien nach der Entlassung auf der Tagesordnung stehen sollten.

 Zwischen den einzelnen Behandlungsstunden ist die Durchführung von Übungen und Hausaufgaben vorgesehen. Bei deutlich therapiegefährdendem Verhalten (z.B. willentlicher Boykott der therapeutischen Maßnahmen; Behinderung der Gruppenarbeit; Versäumen des Programms; Brechen von Vereinbarungen; Verhalten, das andere PatientInnen schädigt; Nicht-Durchführen einer Verhaltensanalyse; bei Selbstverletzungen) muss eine Verhaltensanalyse durchgeführt werden. Falls erforderlich, kann der Patient sich hierzu Hilfe bei den Co-TherapeutInnen holen. Bei dreimaligem unbegründeten Versäumen des therapeutischen Angebotes wird die stationäre Therapie unterbrochen (Therapiepause). Ein Wechsel der TherapeutIn bzw. Co-TherapeutIn ist während des Behandlungszeitraumes nicht vorgesehen.

Auch wenn die traumaspezifische Therapie im Fokus der Behandlung steht, so wird in der Einzel- und Co-Therapie stets Priorität gesetzt auf Verhaltensweisen der PatientInnen, die  eine Gefährdung für sie darstellen. An oberster Stelle stehen suizidales und parasuizidales sowie selbstschädigendes Verhalten, gefolgt von therapiegefährdendem Verhalten. Therapiegefährdendes Verhalten (z.B. aus der Therapie weglaufen, sich in der Therapie passiv zu verhalten, keine Hausaufgaben zu machen, in der Stunde dissoziieren, Therapiesitzungen versäumen, TherapeutInnen attackieren) wird von den TherapeutInnen in der PTBS-Behandlung grundsätzlich nicht ignoriert. Die Basis-Regel dabei lautet: Um effektiv zu arbeiten, kann die PatientIn nicht die von den TherapeutInnen gesetzten Regeln und Grenzen übergehen. Die TherapeutIn geht dabei nicht verurteilend vor, sondern behandelt therapiestörendes Verhalten wie auch dysfunktionales Verhalten und deren negative Konsequenzen als Tatsache. Die Verhaltensanalyse (VA) bildet dabei das wichtigste Handwerkszeug. Die Verhaltenskette plus das Wochenprotokoll bzgl. der jeweils dysfunktionalen Muster beginnt mit der ersten Sitzung. Erst über sie kann eine Fallformulierung erfolgen. Durch eine VA sollen die Betroffenen lernen, Einsicht in den Spannungsaufbau zu erhalten und das im Fertigkeitentraining Gelernte in Handlungspläne einzubauen. Es wird gemeinsam erarbeitet, worin die auslösenden Faktoren und worin die Konsequenzen bestehen. Alleine die genaue Einsicht in die Entstehung von extremen affektiven Spannungszuständen bzw. den korrespondierenden Verhaltensweisen wie z.B. Suizidalität oder Selbstverletzung ist schon ein wichtiger Schritt zur Distanzierung von diesen Verhaltensweisen und die Grundvoraussetzung für therapeutische Veränderungen.

Unsere Klinik bietet eine stationäre Traumatherapie für Frauen und Männer mit Posttraumatischer Belastungsstörung an.

Ambulante Traumatherapie (im Anschluss an die stationäre Therapie)

Auch nach der Entlassung aus unserer Klinik ist eine ambulante Psychotherapie indiziert. Häufig benötigen die PatientInnen auch nach der Remission der PTBS-Symptomatik eine therapeutische Unterstützung, da viele Lebensbereiche neu gestaltet werden müssen. So stellt für viele PatientInnen die berufliche Wiedereingliederung ein wichtiges Ziel dar. Aber auch in Bereichen wie dem Umgang mit Sexualität, der Etablierung eines selbstbestimmtem Verhalten in Partnerschaften sowie dem Aufbau oder der Wiederaufnahme von Freundschaften benötigen die PatientInnen eine ambulante therapeutische Unterstützung.